1939: Siedlerstelle Marienburgstraße Ecke Vogelsangstraße

Zur Ideologie des Siedlungsbaus im Dritten Reich

Zur Ideologie des Siedlungsbaus im Dritten Reich

Die Industriewerke, in deren Bereich die Siedlung lag, boten „ihren Stammarbeitern“ Arbeitgeberdarlehen in Höhe der Eigenleistungen an.

Mit der Kleinsiedlerstelle sollte den Siedlern – Kleinsiedlungen waren Wirtschaftsstellen – durch Nutzung ihres Landes (Garten) und durch Kleintierhaltung eine Ergänzung ihres hauptsächlichen Einkommens ermöglicht werden.

Der damalige Reichsarbeitsminister Franz Seldte führte für den Bau von Kleinsiedlungen verschiedene Gründe an:

  • Die Kleinsiedlung ist die beste und billigste Siedlungsform für den deutschen Arbeiter.

  • Die Kleinsiedlung ist das soziale Wohnungsideal für diejenigen Arbeiter, die aus der breiten Masse der arbeitenden Schichten zu Eigentum kommen wollen.

  • Die Kleinsiedlung ist auch allgemein staatspolitisch von höchster Bedeutung. Sie verbindet den werktätigen Arbeiter mit dem Grund und Bodenund macht ihn zu einem heimatverbundenen und politisch gefestigten Mitglied der Volksgemeinschaft.

  • Die Kleinsiedlung ist auch besonders geeignet, bevölkerungspolitische Aufgaben zu erfüllen. Auf eigenem Grund und Boden wird der Wille zum Kind gestärkt.

Die Küche wurde bei den Kleinsiedlerstellen als Wohnküche genutzt, 2 bis 3 Räume waren als Schlafzimmer und Kinderzimmer vorgesehen. War das Dachgeschoß nicht ausgebaut, betrug die Wohnfläche durchschnittlich 36 bis 40 qm. Bei einem Dachgeschoßausbau erhöhte sich die Wohnfläche auf 53 bis 60 qm. Zu der Wohnfläche kam der Wirtschaftsteil, der aus einem Kleintierstall, einem Wirtschaftsraum und teilweise noch einem Geräteschuppen bestand. Die Siedlerstellen waren teilunterkellert. Zu jeder Siedlungsstelle gehörte ein Garten von 600 bis 1000 qm.

Um die Kleinsiedler vor hohen laufenden Belastungen zu schützen, sollten die Gesamtkosten für den Aufbau und die Einrichtung einer Kleinsiedlerstelle – wie Helmut Richard in der Zeitschrift „Bauen, siedeln, wohnen“ im Jahr 1936 berichtet – den Betrag von 4000 RM regelmäßig nicht übersteigen.

1939: Ausschachten des Kellers in Eigenarbeit Sattlerweg 25

Eigenarbeit beim Siedlungsbau

Eigenarbeit beim Siedlungsbau

Grundsätzlich mußten die Siedler 20% der Bau- und Bodenkosten als Eigenleistung aufbringen – kinderreiche Siedler nur 15% .

Diese Preise konnten nicht gehalten werden, da die Häuser in der Siedlung Mascherode größer als in anderen Siedlungen gebaut wurden. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 6000 bis 7000 RM für eine Siedlerstelle. In der Südstadtsiedlung lag die monatliche Belastung bei 30 RM. Die Kleinsiedlungen wurden gefördert durch unverzinsliche Reichsdarlehen, geringe Zinsen bei anderen Darlehen, Erlaß der Verwaltungskosten u. a. Wie beim Bau der Siedlung Lehndorf war es möglich, einen Teil der Bausumme, wenn kein eigenes Geld vorhanden war, mit Spaten und Schaufel abzuarbeiten.

Nach dem Kriege wurden die meisten Häuser umgebaut, so daß es eine Siedlerstelle in ihrer ursprünglichen Form heute kaum noch gibt. Wegen der geringen Größe richteten sich die Umbauten auf eine Vergrößerung, teils durch Anbauten und Dachausbauten, teils durch Umbau des Wirtschaftsteils.

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